Dienstag, 25. Dezember 2007

Weihnachten

Ich bin genervt, wie eigentlich jeder normale Mensch an Weihnachten. Die Eltern kommandieren einen ab ins heimatliche Nest, und widerstrebend folgt man dem Ruf schon in der Gewissheit dass es nicht gut enden wird. Den dritten Tag bin ich jetzt hier, und ich will wieder nach Hause bevor ich anfange durchzudrehen.
"Es is doch so schön wenn alle da sind!" - Nein, es ist nicht schön. Keiner hat was zu erzählen was von Belang wäre, aber alle reden. Über die Nachbarn, wessen Kind jetzt mit wem zusammen ist und wer davon dann auch wieder ein Kind gekriegt hat und wem es ähnlich sieht. Wen zum Teufel interessiert das? Warum muss ich mich mit Menschen an einen Tisch setzen die ich nicht leiden kann und die mich nicht interessieren? Warum muss ich mir Dinge zehn mal erzählen lassen die mich NICHTS angehen und die ich nicht wissen will?
"Nu sei doch net so und schimpf net dauernd." - Doch, und wie ich schimpfe. Es ist NICHT "lustig" und "ein Spaß" wenn man mit einer schlechten Kamera schlechte Bilder von mir macht und selbige dann auch noch mit üblem Rotstich auf einem schlechten Drucker ausdruckt. Und da zählt auch nicht dass "es halt ein lustiger Schnappschuss" sein soll, weil es einfach weder lustig noch ein Schnappschuss ist, sondern einfach ein verdammtes, mieses, schlecht belichtetes Bild.
"Wir freuen uns halt wenn du mal wieder da bist." - Ja, ganz toll. Aber: Es nervt unglaublich wenn man auf Schritt und Tritt verfolgt wird und ständig jemand an einem klebt.

Einerseits wird erwartet dass ich wie früher selbstverständlich mit hinfasse und helfe, andererseits mach ich eh alles falsch und soll am besten einfach nur hinsetzen und da sein.
Seit ich hier bin gibt es ständig essen, und mindestens fünf mal täglich werde ich mit "Magst net a weng was essen?" penetriert. Nein! Ich will nicht! Erstens bin ich seit über 10 Jahren Vegetarier, und ich werde nur weil "aber an Weihnachten gibt's halt mal Gans" in der Familientradition verankert ist auch jetzt keine essen. Und auch kein totgekochtes Wurzelgemüse und keine Knödel. Auch keine fettige Soße. Ich mag es einfach nicht. "Als Kind hast du das auch alles gemocht!" - Jeah. Kind war ich vor 20 Jahren, und - unglaublich aber wahr - Menschen ändern sich! Und ich weiß aus zuverlässiger Quelle dass ich noch nie im Leben freiwillig Rotkraut gegessen oder Knödel gemocht habe. Ätsch.
Dann werde ich ganz bestimmt jetzt nichts essen, weil ich erst vor ein paar Stunden etwas gegessen und einfach keinen Hunger habe. Da hilft auch ein "Aber ich hab jetzt extra für dich was Anderes gemacht!" mit Tränen in den Augen. Ich bin 25, ich kann besser kochen als Mutter und Oma zusammen, ich kann selbst entscheiden wann ich Essen will und wann nicht, und dann auch noch was ich will. Ein gemeinsames Abendessen reicht ja wohl.
"Du bleibst doch bestimmt jetzt eine ganze Woche hier, gell?" - Nein. - "Ja aber du hast doch auch Ferien!" - Richtig, aber ich will nicht hier bleiben, ich hab hier nichts zu tun, ich langweile mich. Zu Hause wartet Arbeit auf mich. - "Ach bleib halt hier." - Warum?! - "Na weil du früher auch hier warst. Immer. Da hat es Dir ja auch Nix ausgemacht."

FRÜHER. Heilige Scheiße. Es ist nicht FRÜHER, es ist JETZT. Ich werde den TEUFEL tun und auf liebes kleines Kind machen. Ich werde NICHT das tun was alle tun, weil ich darüber nachgedacht habe und es für ganz großen MIST halte. Ich werde NICHT etwas tun nur weil es schon immer so war. Es ist einfach unglaublich DUMM an etwas festzuhalten das eigentlich alle unzufrieden macht, nur weil sich alle einbilden "dass es sich so gehört". Scheiß drauf. Ich mache meinem Ärger sofort Luft und reise morgen wieder ab. Dass ich das schwarze (und überaus dickköpfige) Schaf der Familie bin ist ja auch nicht neu. Und darüber dass ich meine Meinung sage wundert sich auch keiner mehr, ich vernehme meistens nur ein entsetztes Lufteinschnauben und blicke in weit aufgerissene Augen.

"Das sagt man doch nicht!" - Man vielleicht nicht, ich schon. "Ja aber das kannst du doch nicht einfach sagen!" - Und ob. Und wie einfach es ist. Und ungemein befreiend.

VIVA LA REVOLUCIÓN!

Keine Kommentare: