Sonntag, 29. Juni 2008

Blasphemie!

Sonntag, halb 10.
Ich plane für zwei Tage nach Hause in den Wald zu reisen. Noch schnell von den wichtigsten Menschen verabschieden, Rucksack schnappen und los. Der Abschied kommt nicht ohne ein paar platte Witze über Satanisten aus. Zur Haustür raus entscheide ich mich spontan gegen den Bus und für mein Rad - Bewegung hat ja noch keinem geschadet. Denkste.
An einer roten Ampel auf halber Strecke halte ich an. Der MP3-Player schaltet von Motörhead auf Bob Dylan und die Ampel auf grün. Ich radle los. Leider kann ich nicht so schnell bremsen wie der Benz mich schneidet, und ich rassle volle Möhre in die Seite. Er nimmt mich noch ein paar Meter mit, bevor ich endgültig stürze. Gut, auf die Schnauze fallen ohne mir weh zu tun kann ich eigentlich, aber mit Fahrrad gestaltet sich das ganze etwas schwieriger. Schnell sind Passanten da, helfen mir auf und fragen mich ob auch wirklich alles in Ordnung ist. Ja, mir geht's gut. Ich schiebe mein Rad zum Straßenrand, Beifahrerin und Fahrer des Benz, ein in die Jahre gekommenes Ehepaar, folgen mir aufgeregt. Ich muss über die beiden schon fast lachen, auch weil der Fahrer gleich von sich krakehlt "Also, da sind Sie schon irgendwie selber schuld, ich dachte Sie fahren da auch rechts!" Ja ne. Ich hatte vor der Vorfahrtstraße gerade aus zu folgen, weswegen ich _nicht_ die Hand nach rechts ausgestreckt hatte... egal. Seine Frau ist besorgt, Bob Dylan singt "I want you". Ich mache die Musik aus und versichere ihr nochmal dass es nur eine Hautabschürfung ist, und dass ich in Ordnung bin.
"Sind Sie sicher? Stehen Sie unter Schock?"
... ok. Ich kenne mich. Ich kann nie die Klappe halten wenn ich sollte. Es rutscht einfach raus:
- Nein, ich stehe nicht unter Schock, ich stehe unter satanischem Einfluss. Alles OK.
Dass ich übers ganze Gesicht lache macht ihren entsetzten Ausdruck auch nicht besser, amüsiert mich aber umso mehr.
Leider wird die Zeit langsam knapp, ich werde wohl meinen Zug verpassen wenn es so weiter geht. Ich bitte den Fahrer, ob er mich nicht zum Bahnhof fahren könnte. Kann er. Gerne. Ich kette mein Fahrrad an die nächstgelegene Laterne. Seine Frau kommt nicht mit, sie geht in die Kirche. Ich verbeiße mir ein erneutes Lachen. Beim Einsteigen bemerke ich, dass ich außer zwei schönen schwarzen Streifen noch einen fetten Kratzer in den silbernen Benz gezogen habe.
Gut, Unfall war blöd und tut ein wenig weh. Der Benz hat mich glatt rasiert aus purer Blödheit. An meinem Ellenbogen fehlt ein Stück Haut, er hat einen äußerst schicken Kratzer im Lack. Wenn es einen Gott geben sollte, und es stimmt dass er kleine Sünden sofort bestraft... hat er wenigstens echt Humor.
^^

... was mich fasziniert ist, dass mein Player seitdem mindestens alle 6 Lieder ein mal Bob Dylan spielt. Wenn's da mal nicht mit dem Teufel zugeht. :)

Dienstag, 24. Juni 2008

Vielleicht auch doch nicht

Auf dem Weg zur Sparkasse stehe ich mit meinem Rad an einer T-Kreuzung. Um nicht vom LKW rasiert zu werden hebe ich mein Rad auf den Bürgersteig und fahre den restlichen Meter bis zur Straße vor. Links von mir eine Laterne, an der ich mich festhalte um nicht umzufallen, schräg links vorne noch ein Werbeaufsteller. Zur Rechten habe ich gute zwei Meter Abstand zu einem leeren Parkplatz. Genau diesen möchte ein Auto nun in Anspruch nehmen und peilt die Ecke des Bürgersteiges an. Der Insasse hupt und fuchtelt mit den Armen und versucht mir so zu verstehen zu geben dass ich wegfahren soll. Bevor er mich wirklich umnietet, denn er fährt gefährlich nahe an den Aufsteller und mein Rad, rolle ich zurück, fahre - wieder am Bürgersteig - etwas weiter, erwische eine Lücke im Verkehr und überquere schnell die Straße. Der blonde junge Mann fuchtelt immernoch wie blöd mit den Armen und gestikuliert wild. Ich kann es mir nicht nehmen dem Idioten überm fahren die geballte Faust zu zeigen. Mein Rad wird abgestellt, verschlossen, und ich betrete die Sparkasse. Ich habe die Rechnung ohne den Autobesitzer gemacht, denn er renn tmir hinterher und beschimpft mich, was ich dämliches Studentenstück auf seinem Parkplatz zu stehen hätte. Er ist sehr aufgebracht. Dass er auch einen Hauch weiter vor fahren und rückwärts hätte einparken können lässt er als Argument nicht zählen. Verständlich dass er wütend ist - er musste den Aufsteller, den er umgefahren hat, ja gerade wieder hinstellen. Dass er seinen Stress an mir auslässt, spontan verallgemeinert dass wir Studenten eh Pack sind (was wenn ich gar kein Student bin?) und ich überfahren gehöre und erst mal Rad fahren lernen soll, sollte mich eigentlich nicht tangieren. Tut es aber. So langsam kotzt mich diese Stadt und ihre dummen Bewohner an. Vielleicht haben sie den Ausbau der Hochschule wirklich nicht nötig, Studenten ebensowenig - und Fremde hat noch nie jemand gebraucht.
Ein Hoch auf das freundliche Würzburg.
Arschlöcher.

Montag, 23. Juni 2008

Bloß nix ändern!

Der Franke an sich hängt an Althergebrachtem. Jede Neuerung ist böse, sie könnte den empfindlichen Alltagstrott in Gefahr bringen. Eine ganz spezielle Familie der Gattung des Franken ist der Unterfranke, hier besonders die Art "Würzburger", wie ich gerade feststelle.

Da kämpft und macht und tut die Stadt mit Hilfe von FH-Vorstand und Fachpersonal jahrelang alles, um ein neues Gebäude für die FH, die jetzt schon aus allen Nähten platzt,
zu finden. Der Freitstaat wird eingeschaltet und um Hilfe in Form von Finanzmitteln gebeten. Und am Ende, man glaubt es kaum, wird einvernehmlich entschieden: Kein leeres Gebäude in der Stadt eignet sich für den Lehrbetrieb, es muss, darf, kann und soll ein Neubau her, Freistaat zahlt! Alles!

Riesige Freude und Erleichterung seitens der Stadt und Hochschule, den Studenten fällt ein Stein vom Herzen dass sie in absehbarer Zeit in Räumen ohne Schimmel, Ratten - dafür mit Fenstern! - unterrichtet werden und arbeiten können, und nicht mehr zwischen elf provisorisch eingerichteten Räumen über die ganze Stadt verteilt hin und her wetzen müssen. Das Gebäude wird in allen Einzelheiten geplant, nochmal geprüft, und für gut befunden. Es bekommt komplette Freigabe, ein Termin für den Spatenstich wird festgelegt.

Jetzt fällt es den Anwohnern auf: Moooment, da will wer bauen? In meiner Nachbarschaft? Nenene. Das könnte ja heißen dass sich hier irgendetwas ändert! Nich mit uns. Nenenenene. Halt amal, da gibt's doch bestimmt a Möglichkeit wie ich mich beschweren kann. Jawoll! Ich beschwer mich! Der Nachbar macht bestimmt mit.
Gesagt, getan. Es wird eine Bürgerinitiative gestartet. Ein paar Tatsachen so verdreht dass sie passen, und fertig ist der große Aufschrei. Gebaut werden darf und soll freilich, aber bloß nicht in meiner Nähe. Und nicht gleich. Mir doch wurscht dass die Zeit drängt. Die Studenten sollen sich net so anstellen. Die können doch wohl aufm Boden oder aufm Tisch sitzen wenn sie ihren Professoren zuhören. Hat sich bis jetzt doch auch keiner beschwert, oder? Geht doch irgendwie immer. Die jammern bloß. Dass sich die Stadt und der Oberbürgermeister und sogar die IHK auf die Seite der blöden Studenten schlagen ist ja klar. Da hat bestimmt gar keiner mal nachgedacht - und an MICH gedacht!-, die schauen doch alle bloß auf sich selber und dass sie gut da stehen. Und dass die Presse eh immer nur Unwahrheiten schreibt weiß ja wohl auch jeder. Nix, die Argumente sind doch alle nicht fundiert. Zwei Abiturjahrgänge 2011 auf einmal? G8/G9? Wer glaubt denn sowas... lächerlich. Und wenn wir jetzt nein sagen kriegt die Stadt so schnell keine Fördergelder mehr? An den Haaren herbeigezogen! Wenn ich jetzt 31 Millionen ablehne, nachdem ich Jahrelang dafür gekämpft hab, krieg ich die bestimmt sofort beim nächsten mal fragen, wenn ich jetzt kurzfristig doch nicht will.
Und die Studenten können dich ja wohl in diese Ami-Kaserne. ICH hab gehört die is leer. Auch wenn der Ami das Gegenteil behauptet und noch da is, und auch so schnell net gehen will. Mein Nachbar hat's auch von der Cousine seiner Tante gehört dass da alles leer is. Was weiß denn ich warum ich da net rein darf und der Typ da am Eingang des Geländes ausländisch redet. Auf jeden Fall hab ich recht und da wär Platz. Und wegen a weng Asbest und Gift im Boden sollen sich die jungen Leut net so anstellen. Des verkraften die scho, außerdem schlafen und feiern die doch eh bloß. Pah, studieren,... also echt.
Viel wichtiger is, dass ich ausm Fenster schau und einen Acker sehen kann. Ich will da kein modernes Haus haben und auch kein großes Biotop. Schnickschnack, was soll denn des überhaupt sein? Biotop. Mein Schrebergarten, ja, der is wichtig. Des is Natur pur. Da hab ich einen schönen Zaun außen rum gemacht, und gestern hab ich da sogar einen Frosch gesehen! Des sollen diese Großkopferten erst mal nachmachen. Nix da. Gebaut wird net wenn's nach mir geht...

Jetzt bleibt nur zu hoffen dass der Würzburger doch nicht ganz so dämlich ist wie sein Ruf, und dass er weiter denkt als bis zu seiner Haustür. Ansonsten bauen wir einfach mit dem Geld, das Bayern uns gibt, eine große Mauer um Würzburg und rufen es zum Freilichtmuseum aus. Dann ändert sich Nichts, der Würzburger hat seinen Willen, und eine andere Stadt freut sich wie ein Schnitzel über Fördergelder und Studenten, die ihr Geld in Mieten, Geschäften und der Gastronomie lassen.
Herzlichen Glückwunsch?