Montag, 23. Juni 2008

Bloß nix ändern!

Der Franke an sich hängt an Althergebrachtem. Jede Neuerung ist böse, sie könnte den empfindlichen Alltagstrott in Gefahr bringen. Eine ganz spezielle Familie der Gattung des Franken ist der Unterfranke, hier besonders die Art "Würzburger", wie ich gerade feststelle.

Da kämpft und macht und tut die Stadt mit Hilfe von FH-Vorstand und Fachpersonal jahrelang alles, um ein neues Gebäude für die FH, die jetzt schon aus allen Nähten platzt,
zu finden. Der Freitstaat wird eingeschaltet und um Hilfe in Form von Finanzmitteln gebeten. Und am Ende, man glaubt es kaum, wird einvernehmlich entschieden: Kein leeres Gebäude in der Stadt eignet sich für den Lehrbetrieb, es muss, darf, kann und soll ein Neubau her, Freistaat zahlt! Alles!

Riesige Freude und Erleichterung seitens der Stadt und Hochschule, den Studenten fällt ein Stein vom Herzen dass sie in absehbarer Zeit in Räumen ohne Schimmel, Ratten - dafür mit Fenstern! - unterrichtet werden und arbeiten können, und nicht mehr zwischen elf provisorisch eingerichteten Räumen über die ganze Stadt verteilt hin und her wetzen müssen. Das Gebäude wird in allen Einzelheiten geplant, nochmal geprüft, und für gut befunden. Es bekommt komplette Freigabe, ein Termin für den Spatenstich wird festgelegt.

Jetzt fällt es den Anwohnern auf: Moooment, da will wer bauen? In meiner Nachbarschaft? Nenene. Das könnte ja heißen dass sich hier irgendetwas ändert! Nich mit uns. Nenenenene. Halt amal, da gibt's doch bestimmt a Möglichkeit wie ich mich beschweren kann. Jawoll! Ich beschwer mich! Der Nachbar macht bestimmt mit.
Gesagt, getan. Es wird eine Bürgerinitiative gestartet. Ein paar Tatsachen so verdreht dass sie passen, und fertig ist der große Aufschrei. Gebaut werden darf und soll freilich, aber bloß nicht in meiner Nähe. Und nicht gleich. Mir doch wurscht dass die Zeit drängt. Die Studenten sollen sich net so anstellen. Die können doch wohl aufm Boden oder aufm Tisch sitzen wenn sie ihren Professoren zuhören. Hat sich bis jetzt doch auch keiner beschwert, oder? Geht doch irgendwie immer. Die jammern bloß. Dass sich die Stadt und der Oberbürgermeister und sogar die IHK auf die Seite der blöden Studenten schlagen ist ja klar. Da hat bestimmt gar keiner mal nachgedacht - und an MICH gedacht!-, die schauen doch alle bloß auf sich selber und dass sie gut da stehen. Und dass die Presse eh immer nur Unwahrheiten schreibt weiß ja wohl auch jeder. Nix, die Argumente sind doch alle nicht fundiert. Zwei Abiturjahrgänge 2011 auf einmal? G8/G9? Wer glaubt denn sowas... lächerlich. Und wenn wir jetzt nein sagen kriegt die Stadt so schnell keine Fördergelder mehr? An den Haaren herbeigezogen! Wenn ich jetzt 31 Millionen ablehne, nachdem ich Jahrelang dafür gekämpft hab, krieg ich die bestimmt sofort beim nächsten mal fragen, wenn ich jetzt kurzfristig doch nicht will.
Und die Studenten können dich ja wohl in diese Ami-Kaserne. ICH hab gehört die is leer. Auch wenn der Ami das Gegenteil behauptet und noch da is, und auch so schnell net gehen will. Mein Nachbar hat's auch von der Cousine seiner Tante gehört dass da alles leer is. Was weiß denn ich warum ich da net rein darf und der Typ da am Eingang des Geländes ausländisch redet. Auf jeden Fall hab ich recht und da wär Platz. Und wegen a weng Asbest und Gift im Boden sollen sich die jungen Leut net so anstellen. Des verkraften die scho, außerdem schlafen und feiern die doch eh bloß. Pah, studieren,... also echt.
Viel wichtiger is, dass ich ausm Fenster schau und einen Acker sehen kann. Ich will da kein modernes Haus haben und auch kein großes Biotop. Schnickschnack, was soll denn des überhaupt sein? Biotop. Mein Schrebergarten, ja, der is wichtig. Des is Natur pur. Da hab ich einen schönen Zaun außen rum gemacht, und gestern hab ich da sogar einen Frosch gesehen! Des sollen diese Großkopferten erst mal nachmachen. Nix da. Gebaut wird net wenn's nach mir geht...

Jetzt bleibt nur zu hoffen dass der Würzburger doch nicht ganz so dämlich ist wie sein Ruf, und dass er weiter denkt als bis zu seiner Haustür. Ansonsten bauen wir einfach mit dem Geld, das Bayern uns gibt, eine große Mauer um Würzburg und rufen es zum Freilichtmuseum aus. Dann ändert sich Nichts, der Würzburger hat seinen Willen, und eine andere Stadt freut sich wie ein Schnitzel über Fördergelder und Studenten, die ihr Geld in Mieten, Geschäften und der Gastronomie lassen.
Herzlichen Glückwunsch?

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