Samstag, 29. Dezember 2007

Missionarsstellung

Samstag vormittag, kurz vor 10 Uhr.
Ich sitze am Schreibtisch, eine Freundin neben mir, wir arbeiten an ihrer Bewerbung die optisch frisiert werden will und wir kommen gut voran. Es klingelt. Freudig öffne ich die Tür, denn ich erwarte ein Amazon-Päckchen.
Leider steht vor der Tür nicht der Postbote, sondern zwei sehr hausbacken gekleidete Damen in Missionarsstellung: Gewinnend lächlend
, eine davon ein Büchlein in den gefalteten Händen haltend. Die Situation erfasst mein geschultes Auge sofort: Zeugen. NEIN! Nicht jetzt! Ich will Zeugen vor der Tür wenn ich Zeit habe! Ich möchte mich ihnen widmen können! Aber nun gut.

"Ja, bitte?"
- Hallo! Oh, sie wollen gerade gehen?
(Ich trage meine Haus-Turnschuhe und eine Trainingsjacke, offensichtlich keine Klamotten mit denen man bei minus 3 Grad Celsius vor die Tür geht, und halte ein paar Blätter Papier in der Hand).
"Nein, ich arbeite."
- Ah, dann auch nur ganz kurz. Wir sind in der Nachbarschaft unterwegs, und reden mit Menschen über die besinnliche Zeit, ich hätte hier eine Bibel, dürfte ich Ihnen daraus etwas zitieren und mit Ihnen darüber sprechen?
"Boah ne, lass mal stecken. Christen..." rutscht es aus mir heraus, während ich die Tür schnell wieder schließe. Ich glaube (glaube, denn glauben heißt: nicht wissen), dass sie noch gut gesehen hat wie ich mir an die Stirn getippt habe.

Da darf es jetzt auch ruhig heißen dass die Deutschen unfreundlich sind, wenn ich den beiden quasi die Tür vor dem gepuderten Näschen zuhaue. Unhöflich finde ich in dem Fall, dass sie unaufgefordert andere Menschen mit ihrem Glauben belästigen - und das Samstag vormittags, wo der normale Mensch das Wochenende genießt, in Frieden Frühstücken will oder vielleicht auch seinen Suff von Freitag noch ausschläft.
Schade schade, mit etwas mehr Zeit und keinem Besuch in der Wohnung hätte ich die beiden eventuell davon überzeugen (gandioses Wort übrigens. über-zeugen) können, dass ihre Vorgehensweise alles Andere als heilig ist.

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